Logotherapie

„Es gibt nichts auf der Welt, was dem Menschen so nachdrücklich helfen kann, zu überleben und gesund zu bleiben, wie das Wissen um eine Lebensaufgabe.“ (Viktor E. Frankl)

Viktor Emil Frankl (1905-1997) ist Begründer der Logotherapie

Die Logotherapie von Viktor E. Frankl (1905-1997) zählt zu den humanistischen Verfahren. Ihr liegt ein ressorchenreiches Menschenbild zu Grunde. Frankl hatte in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts das geistige Potenzial des Menschen als eine unerschöpfliche Kraftquelle erkannt, die in Anspruch genommen werden will.

Menschlicher Geist sucht nach Sinn. Deshalb ist der Mensch aufgefordert nach sinnstiftenden Zusammenhängen in seinem Leben zu suchen. Konkret bedeutet das von der geistigen Möglichkeit Gebrauch zu machen, sich selbst zu befragen:

  • Wofür will ich im Leben da sein?
  • Was ist mir wichtig?
  • Was macht für mich Sinn?
  • Welche Aufgaben warten auf mich?

Krisenzeiten können Anlass sein, sich diese grundlegenden Fragen zu stellen. Stimmige Antworten darauf zu finden geht nicht immer schnell und ist auch nicht immer ganz einfach. Hier kann ein logotherapeutisch geführtes  Gespräch weiterhelfen.

Logotherapie ist die dritte Wiener Schulen der Psychotherapie
3 Wiener Schulen
Logotherapie ist die dritte Wiener Schule der Psychotherapie

Logotherapie ist die 3. Wiener Schule der Psychotherapie, nach der Psychoanalyse von Sigmund Freud (um 1880) und der Individualpsychologie von Alfred Adler (um 1911). Waren Freud und Adler davon ausgegangen, dass der Mensch nur aus einem Körper und einer Psyche besteht (2-dimensionales Menschenbild), so stellte Frankl die geistigen Fähigkeiten des Menschen als eine dritte und eigenständige Dimension in den Mittelpunkt seiner Therapie. Danach strebt der Mensch in erster Linie weder nach Lust (lt. Psychoanalyse von Sigmund Freud) noch nach Macht (lt. Individualpsychologie von Alfred Adler), sondern nach Sinn (Logotherapie von Viktor Frankl).

Frankl nennt drei Wege zum Sinn
Frankl nennt drei Wege zum Sinn

Sinnfindung ist ein existentielles Bedürfnis für jeden Menschen, ganz besonders in Krisenzeiten. Frankl nennt drei Wege zum Sinn:

  • Erlebnisse machen Sinn: Sinnverwirklichung durch Erleben und Genießen von Natur, Kultur, zwischenmenschlichen Beziehungen. Da muss man erst mal gar nicht viel tun, bloß still sein, die Hände öffnen und sich vom Leben beschenken lassen.
  • Taten machen Sinn: Sinnverwirklichung durch das, was wir in die Welt setzen. Das kann ein Werk, eine Tat oder auch nur etwas Gebendes sein. Z.B. eine Mahlzeit zubereiten. Auch die wäre nicht gewesen, wenn sie nicht jemand gemacht hätte.
  • Einstellungen machen Sinn: Die Fragen, die das Leben uns stellt, können wir uns nicht aussuchen. Aber die Antworten, die wir darauf geben, sind Zeugnis unserer geisti­gen Haltung. Machen wir von unseren geistigen Wertgefühlen Gebrauch, erleben wir Stärkung und Sinn im Leben, weil sie das eigene Leben und das Zusammenleben mit anderen fördern. Lassen wir uns dagegen von unguten, affektiv aufsteigenden Stimmungen (Untugenden) leiten, erleben wir oft Kraftlosigkeit und Sinnleere. Zu unseren unguten Stimmungen gehören z.B. Trägheit, Zweifel, Unsicherheit, Trotz, Sturheit, Erwartung, Schuldgefühl oder Perfektionismus. Diese dem Leben und Zusammenleben nicht dienlichen Ausdrucksformen werden auch unter dem Begriff Laster bzw. Sünde zusammengefasst. Als noch lebensfeindlicher werden Hochmut, Habgier, Genusssucht, Jähzorn, Maßlosigkeit, Neid und Faulheit eingestuft. Sie werden daher unter dem Begriff der 7  Todsünden zusammengefasst.
Ganz wichtig! – Sinn ist immer individuell und situativ zu finden

Sinn macht für jeden Menschen etwas anderes und ist in jeder Lebenssituation neu zu finden. Das macht die Sinnfrage so persönlich und die Antwort darauf so einzigartig.

Einen allgemeingültigen Leitfaden für den Weg zum Sinn gibt es daher (leider) nicht. Doch beglückend ist: Im logotherapeutisch-existenzanalytischen Gespräch gibt es immer wieder Türen, die sich öffnen und Zugang zu kraftvollen Räumen gewähren, die entdeckt werden wollen. Konkret geht es um die Bewusstwerdung der eigenen geistigen Ressourcen für ein gelingendes Leben.

Die Besinnung auf das, was sinn- und wertvoll für unser Leben ist

Mit Geist meint Frankl nicht nur den denkenden Verstand des Menschen. Er meint damit vor allem auch die spezifisch menschlichen Werte wie Freiheit, Verantwortlichkeit, Liebe, Mut, Hoffnung, Kreativität, Spiritualität, also das, was Sinn und Freude am Leben macht. Unser Leben wird kräftezehrend, wenn wir keinen Zugang mehr zu unseren geistigen Wertgefühlen haben, wenn uns Mut, Hoffnung oder Vertrauen im Leben fehlen. Spätestens dann gilt es nach neuen Gründen für ein gelingendes Leben zu suchen.

Was uns Menschen an geistigen Möglichkeiten gegeben ist
Wertgefühle
Wertgefühle gründen in der geistigen Dimension des Menschen. Sie sind unverlierbar im geistig Unbewussten (Frankl) angelegt.

Die deutsche Sprache kennt mehr als 500 Worte für wertvolle Haltungen für unser Leben. Das sind geistige Haltungen, die die Menschen unter den Begriffen „Tugenden und Werte“ gesammelt haben. Alle menschlichen Tugenden und Werte sind in uns angelegt, d.h. wir verfügen über sie – zumindest potenziell. Oft sind sie uns als Ressource für ein gelingendes Leben nicht bewusst, denn sie gründen im geistig Unbewussten. Das ist ein Bereich des Unbewussten, den Viktor Frankl neben das von Sigmund Freud benannte persönlich Unbewusste und das von Carl Gustav Jung  benannte kollektiv Unbewusste stellte.

Neben den geistigen Werten finden wir im Unbewussten auch die emotionalen Spuren unserer Lebensgeschichte und die kollektiven Erfahrungen aus der Menschheitsgeschichte

Unser Repertoire an sinnstiftenden Antworten auf Lebenssituationen ist also groß. Es ist unsere Aufgabe aus dem großen Pool möglicher Antworten eine angemessene, d.h. für uns stimmige und damit sinn-machende Antwort zu finden. – Wohl dem, der sich für seine geistigen Fähigkeiten interessiert und bereit ist, sich im singstiftenden Umgang mit diesen Möglichkeiten zu üben.

Weiterentwicklungen der klassischen Logotherapie durch den Psychotherapeuten Uwe Böschemeyer
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Uwe Böschemeyer ist Schüler von Viktor Frankl. In den 1980er und 90er Jahren hat die klassische Logotherapie inhaltlich und methodisch weiterentwickelt.

Was Frankl zunächst für psychisch erkrankte Menschen konzipierte, erweiterte der Frankl Schüler Uwe Böschemeyer (*1939) zu einem logotherapeutischen Präventionskonzept für psychisch gesunde Menschen, für Menschen, die ihre Persönlichkeit weiterbilden wollen und am Erhalt ihrer körperlichen, psychischen und geistigen Gesundheit interessiert sind. Das Konzept, das er in den 1980er Jahren entwickelte, nennt er die Wertorientierte Persönlichkeitsbildung (WOP) und versteht es als eigenständigen Bereich, neben krankheitsorientierter Psychotherapie und konfliktorientierter Beratung.

Gegen das Liegenbleiben können wir schon vor dem Fall etwas tun

Man muss also nicht erst psychisch erkranken, um von der logotherapeutischen Existenzanalyse profitieren zu können. Viel sinnvoller ist es, sich schon vorher um die eigenen Ressourcen zu kümmern. Das Ergebnis davon nennen wir „Resilienz“, also die Fähigkeit wieder aufstehen zu können, wenn wir gefallen sind. – Nicht das Hinfallen ist zu beklagen, sondern der Mangel an Kenntnis über die eigenen Kräfte, die uns wieder aufrichten. 😳

Dazu vielleicht noch eine passende Antwort von Viktor Frankl, die er einem Studenten gab, als dieser ihn nach dem Unterschied zwischen Psychoanalyse und Logotherapie fragte. Sinngemäß antwortete Frankl so: Bei der Psychoanalyse liegen Sie und müssen viel erzählen. Bei der Logotherapie sitzen Sie und müssen sich manch Unannehmlichkeit anhören.

Im folgenden Video stelle ich Ihnen die klassische Logotherapie von Viktor Frankl und die Wertorientierte Persönlichkeitsbildung von Uwe Böschemeyer vor.

In diesem Video werden die Grundlagen der Logotherapie von Viktor Frankl und ihre Weiterentwicklungen von Uwe Böschemeyer erläutert.


Buchempfehlungen

Mehr über die Logotherapie finden Sie in den Büchern von Viktor Frankl oder auch in den Büchern von Elisabeth Lukas, Alfried Längle, Jörg Niemeyer und Uwe Böschemeyer. Bei Kaufinteresse klicken Sie bitte auf eines der Buch-Cover. So gelangen Sie zu Amazon und unterstützen meine Arbeit durch eine Provision, wenn Sie über diesen Link einkaufen. Vielen Dank.

Viktor E. Frankl:

Mehrere Jahre musste der österreichische Psychologe Viktor E. Frankl in deutschen Konzentrationslagern verbringen. Doch trotz all des Leids, das er dort sah und erlebte, kam er zu dem Schluss, dass es selbst an Orten der größten Unmenschlichkeit möglich ist, einen Sinn im Leben zu sehen. Seine Erinnerungen, die er in diesem Buch festhielt und die über Jahrzehnte Millionen von Menschen bewegten, sollen weder Mitleid erregen noch Anklage erheben. Sie sollen Kraft zum Leben geben.

Die englische Ausgabe des Buches „... trotzdem Ja zum Leben sagen“ von Viktor E. Frankl erschien 1959 unter dem Titel Man’s Search for Meaning. Um seinen angelsächsischen LeserInnen die Konzepte der Logotherapie nahezubringen, fügte Frankl ab 1962 ein Kapitel Basic Concepts of Logotherapy hinzu, das er später mit der weniger trockenen Überschrift Logotherapy in a Nutshell versah. Diese konzise und authentische Kurzdarstellung von Frankls sinn- und ressourcenorientiertem psychotherapeutischen Ansatz lag bisher nicht in einer deutschen Fassung vor. Mit dem vorliegenden Buch wird diese Lücke geschlossen.

Ein Klassiker der psychotherapeutischen Literatur und eines der Hauptwerke des jüdischen Wiener Arztes Viktor E. Frankl.

Hier stellt er seinen Ansatz der Logotherapie und Existenzanalyse systematisch dar. Ebenfalls enthalten sind die ›Zehn Thesen über die Person‹, die das seiner Therapierichtung zugrunde liegende Menschenbild in konzentrierter Form wiedergeben.

In seinen hier erstmals vorgelegten Erinnerungen und Reflexionen beschreibt Viktor E. Frankl seine Kindheit und Jugend in Wien und seine Tätigkeit als junger Nervenarzt zwischen den beiden Weltkriegen. Er schildert die Auseinandersetzungen mit Sigmund Freud und Alfred Adler und ihren Einfluss auf die Logotherapie. 1945 gehört er zu den wenigen, die das Konzentrationslager Auschwitz überlebt haben, und kehrt nach Wien zurück. Diese autobiografische Skizze seines Lebens enthält zahlreiche bisher unveröffentlichte Ausführungen zur Entstehung der Psychoanalyse und ihrer verschiedenen Richtungen. Darüber hinaus ist das Buch ein bewegendes Zeugnis europäischer Zeit- und  Geistesgeschichte.

Elisabeth Lukas:

DAS WELTWEIT EINZIGE LEHRBUCH DER LOGOTHERAPIE NACH VIKTOR FRANKL In komprimierter und dennoch präziser Weise wird zum erstenmal in Lehrbuchform die anthropologische Grundlage des Gedankengebäudes von Viktor E. Frankl (1905-1997), des weltberühmten Begründers der Existenzanalyse und Logotherapie, systematisch vorgestellt. Dadurch wird der Leser zu den sich daraus ergebenden methodischen Ansätzen dieser faszinierenden „Lebensschule“ und „Dritten großen Schule der Psychotherapie“ geleitet. Lebensprobleme, psychische Krisen, aber auch schwere psychische Erkrankungen in Verbindung zu somatischen Prozessen werden diskutiert, die speziell logotherapeutischen Lösungs- und Linderungsmöglichkeiten dazu vorgestellt. In diesem Lehrbuch ist die logotherapeutische Nomenklatur bereits in die moderne Klassifikation seelischer Störungsbilder nach ICD-10 integriert worden. – Inhalt: I. Das Menschenbild der Logotherapie; II. Die Gesprächsform der Logotherapie; III. Die Methoden der Logotherapie; IV. Weiterentwicklungen der Logotherapie.

Übersetzungen dieses Buches liegen u.a. in spanischer Sprache (Editorial Paidos, Barcelona), in französischer und in englischer Sprache (Liberty Press, Ontario) vor.

Alfried Längle

 „WOFÜR SOLL MEIN LEBEN GUT SEIN? – Was gibt meinem Leben Sinn?“ Im Leben einen Sinn zu finden, ist existentielles Bedürfnis für jeden Menschen – ganz besonders in Krisenzeiten. Sinn stellt für jeden Menschen etwas anderes dar und ist in jeder Lebenssituation neu zu finden. Das macht die Sinnfrage so persönlich und die Antwort darauf so einzigartig. Der Autor zeigt die Grundbedingungen auf, die es ermöglichen, Sinn im Leben zu finden und führt den Leser/die Leserin Schritt für Schritt durch die Thematik. Das Buch ist mit seinen zahlreichen Beispielen, Anleitungen, Übungen und Texten „zum Verweilen“ eine persönliche Begleitung, ein anwendungsorientiertes Arbeitsbuch sowie ein zugänglicher Einstieg in die Grundzüge der Existenzanalyse und Logotherapie.

Jörg Riemeyer:

(2007) Das Buch erläutert verständlich und umfassend die von Viktor E. Frankl entwickelte Logotherapie und stellt deren Weiterentwicklungen bis heute vor. Neben der Biografie erläutert der Autor den geistesgeschichtlichen Hintergrund, vor dem die Logotherapie entwickelt wurde, sowie den Stellenwert dieses Verfahrens innerhalb der Psychotherapie selbst. Darüber hinaus beschäftigt er sich mit allen wesentlichen Aspekten der originären Logotherapie, erklärt ihre Formen und Ziele sowie Arbeitsweisen und Behandlungsmethoden auf dem aktuellsten Entwicklungsstand. Die Logotherapie ist nicht nur eine Therapie, sondern auch eine Weltanschauung, eine Lebenshilfe und eine ‚angewandte Anthropologie‘. Die bisher wichtigsten Weiterentwicklungen der Logotherapie werden ausführlich behandelt: die sinnzentrierte Familientherapie von Lukas, die wertorientierte Imagination und das existenzanalytisch interpretierte Enneagramm von Böschemeyer sowie die Anwendung der Logotherapie in der Arbeitswelt (Böckmann, Pircher-Friedrich) und in der Pädagogik (u.a. Wicki und Dieselt).

Uwe Böschemeyer:

(2018) Von den hellen Farben der Seele handelt Uwe Böschemeyers neues Buch. Gemeint sind damit die spezifisch menschlichen Werte wie Freiheit, Verantwortlichkeit, Liebe, Mut, Hoffnung, Kreativität, Spiritualität, das, was Sinn und Freude am Leben macht.

Sein Konzept nennt er die Wertorientierte Persönlichkeitsbildung (WOP), die er als einen eigenständigen Entwurf, zugleich als ein logotherapeutisches Präventionskonzept versteht.

(2003) Immer mehr Menschen erleben heute ein Dasein ohne Werte und ohne Sinn, Krankheiten an Körper und Seele nehmen zu. Der Psychotherapeut Uwe Böschemeyer, ein Schüler Viktor E. Frankls, hat das Konzept der »wertorientierten Persönlichkeitsbildung« entwickelt, das vor allem zeigt, wie wichtig Werte sind für Glück und Selbstvertrauen im Leben. Er erklärt anhand aktueller Lebensthemen sein Konzept und macht es in seinen praktischen Folgen deutlich. Seit Jahren hilft er damit Menschen in der Sinnkrise, den Weg zu sich selbst und zu einem bejahenden Leben zu finden.

(2000) In diesem Buch stellt Uwe Böschemeyer die von ihm entwickelte Wertorientierte Persönlichkeitsbildung (WOP) vor, deren Ziel neben der Weiterbildung der Persönlichkeit die Prävention körperlicher und seelischer Störungen ist. Der Autor versteht die WOP als eigenständigen Bereich neben krankheitsorientierter Psychotherapie und konfliktorientierter Beratung. Die neue Disziplin soll eine Antwort auf die Herausforderungen dieser Zeit sein, deren vorrangiges Problem nach Auffassung Viktor E. Frankls das Sinnlosigkeitsgefühl ist.

Werte für unser Leben