»Zur Macht des Geistes«

Eine Wertimagination, die mich besonders beeindruck hat, war eine Wanderung mit dem Geistvollen „Zur Macht des Geistes“. Prof. Böschemeyer regte sie im Rahmen einer Wertimaginationsgruppe an, die sich zum Thema „Resilienz“ im Lüneburger Institut zusammengefunden hatte. Es war meine erste Begegnung mit dem Geistvollen. – War ich zuvor noch damit beschäftig, „versteht“ zu wollen, was mit dem Wort „Geist“ gemeint ist, wurde mir in dieser Imagination deutlich, dass Geist eine kosmische Energie oder Kraft ist, die für uns nicht ableitbar oder verstehbar, wohl aber erfahrbar ist. Die Imagination zeigte mir, dass diese Kraft in jedem von uns vorhanden ist, in allem Belebten und Unbelebten, auf der Erde und im Kosmos. Zuverlässig und in Ruhe bewegt sie uns und alles andere Vorhandene mit anhaltender Beständigkeit.

Der unbewegte Beweger

Macht des Geistes

Der Geistvolle kam vom Horizont des Meeres auf mich zu geschwebt. Er war ein großer älterer Mann mit weißem Haar und weißem Gewand. Er leuchtete hell. Ich bekam Herzklopfen. Ich hatte das Gefühl vor einem nicht nur körperlich großen Mann zu stehen. Seine Ausstrahlung hatte etwas Erhabenes, dennoch fühlte ich mich ihm verbunden. Sein Blick war ruhig, warm, zugewandt und offen. Er nannte mich bei meinem Namen und freute sich, dass ich ihn gerufen hatte. In mir machte sich ein Gefühl von Kleinheit breit, dass den Kontakt zu ihm störte. Ich stellte es neben mich, so dass es mich fortan im Kontakt mit dem Geistvollen nicht mehr irritierte. Nun konnte ich mich wieder besser auf ihn einlassen. Er reicht mir die Hände und forderte mich auf ihn zu begleiten.

Wir schwebten über das Wasser in die Richtung, aus der er gekommen war. Die Bilder wurden undeutlich. Ich sah Lichter, Nebel, Gestirne. Ich befand mich im Weltall. Irgendwo machten wir Halt, mitten im Nichts. Obwohl ich im luftleeren Raum zu schweben schien, fühlte ich Boden unter den Füßen. Und obwohl ich mich in einer endlosen Leere befand, fühlte ich mich geborgen und gut aufgehoben. Ich spürte, dass Geist kein Zentrum hat, keinen Ursprung, keine Quelle, die man aufsuchen kann, denn er ist allgegenwärtig. Das gleichzeitige Schweben und Stehen, und das Gefühl der Geborgenheit in der Endlosigkeit, faszinierten mich. Gegensätze, die sich „normalerweise“ ausschließen, haben hier nebeneinander und gleichzeitig Platz. Das gewohnte entweder-oder ist einem sowohl-als-auch gewichen. Es tut gut, wenn alles nebeneinander und gleichzeitig sein kann.

Ich hörte einen tiefen ruhigen Ton, so als wenn eine reisen große Maschine ihre Arbeit verrichtet. Es war nichts zu sehen. Es war nur die Gewissheit, dass irgendetwas im Hintergrund in aller Ruhe vor sich hin arbeitet. Ein „unbewegter Beweger“ (Aristoteles) mit enormer Energie. Ein innerer Antrieb für einen ständig stattfindenden Veränderungsprozess, der sowohl dem Universum als auch dem Leben zu eigen ist, der unser Leben und unsere Lebendigkeit ausmacht. Beständigkeit und Kraft sind zwei Begriffe, die mir zu dieser Energie einfallen. Ich ließ alles auf mich wirken. Dann wanderte die Energie in meinem Körper. Beginnend im Kopf, fühlte ich mich freier, so als ob sich in mir etwas öffnen würde. Zunehmend spürte ich meinen Körper wie durchlässig für die Energie des Geistes, bis ich ganz durchlässig wurde und vom allgegenwärtigen Geist durchströmt wurde. Schließlich sprach der Geist zu mir: Sei Dir meiner gewiss.

Nach einiger Zeit bedeutete mit der Geistvolle, dass es Zeit für meine Rückkehr wird. Er brachte mich zurück zur Erde. Das Gefühl des Durchströmtseins hatte ich noch in mir und ich war mir der Gegenwart des Geistes gewiss. Mit dieser Gewissheit ging ich (noch in der Imagination) in mein Arbeitszimmer und setzte mich an meinen Schreibtisch. Ich fühlte mich sehr gefasst, alle Unsicherheit war verflogen. Ich war ausgerichtet auf mein Tun. Ich war ganz bei mir. Ich war in meiner Mitte. Ich war im Sein.

Werthaltungen stärken unsere Lebenskraft

Als ein Wirkendes, dessen Quelle oder Herkunft wir nicht kennen, bleibt Geist für uns abstrakt. Dennoch können wir die Anwesenheit von Geist als Lebensenergie wahrnehmen. Mal spüren wir sie stärker und mal schwächer, je nachdem ob wir „gut“ oder „ungut“ mit uns und anderen Menschen umgehen. Gehen wir liebevoll, mitfühlen, behutsam –  also „gut“ mit uns und anderen Menschen um, ist „Geisteskraft“ in uns gegenwärtig und wir spüren sie als Lebenskraft. Gehen wir dagegen streng, kaltherzig, verachtend, tadelnd, verurteilend – also „ungut“ mit uns und anderen um, ist die „Geisteskraft“ in uns geschwächt und Lebensenergie geht uns verloren.

Ob wir viel oder wenig Lebensenergie in uns spüren, ob wir uns lebendig oder matt, kräftig oder schwach fühlen, ob wir über Widerstandskraft in den wechselnden Lebenssituationen verfügen oder nicht, hängt davon ab, ob wir wertorientiert leben oder nicht. Werte sind Facetten oder Ausdrucksformen des Geistes. Gemeinsam ist ihnen, dass sie Zusammenhalt stiften. Dies sowohl mit uns selbst, wenn wir „gut“ mit uns selbst sind, als auch mit anderen, wenn wir „gut“ mit anderen sind. Zusammenhalt kräftigt das Leben, egal, ob wir unsere Werte bewusst oder unbewusst zum Ausdruck bringen.

Werte für unser Leben